Zentralbanken, wie z.B. die Europäische Zentralbank (EZB), sind die Hüter der Währungen in Währungsräumen. Zu ihren zentralen Aufgaben zählt die Sicherung der Währungsstabilität. Sie haben dafür Sorge zu tragen, dass eine konstante Inflationsrate vorherrscht. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Inflation die Preissteigerungsrate bzw. den Kaufkraftverlust. Die EZB hat innerhalb der Euro-Zone diesbezüglich ein 2-Prozent Ziel ausgegeben. Jedes Jahr sollen die Preise zwei Prozent gegenüber dem Vorjahr steigen. Alles darunter (solange es sich nicht in eine negative Preis”steigerung” umkehrt = Deflation) sei in Ordnung. Im eigentlichen Sinn bezieht sich die Inflation jedoch auf die Geldmenge und signalisiert eine Ausweitung. Insofern ist eine Ausweitung der Geldmenge mit einem realen Kaufkraftverlust bzw. einer realen Preissteigerung gleichzusetzen. Einfach gesagt:
Je mehr Geld vorhanden ist, umso weniger ist es wert!
Das Ziel von zwei Prozent Preissteigerungen pro Jahr erscheint, wüssten wir es nicht besser, angebracht und relativ gering. Fakt ist jedoch, dass auch 0,001% Inflation (Geldmengenausweitung) einen realen Kaufkraftverlust bedeuten. Dieser verstärkt sich dramatisch, wenn man sich die Kraft des Zinseszins-Mechanismus vor Augen führt. Dieser kann sich sowohl positiv, als auch negativ auswirken, wie folgendes Beispiel zeigt:
Bei 2 % Inflationsrate werden aus 1.000 EUR in 20 Jahren 672,97 EUR!
Bei 8 % Inflationsrate blieben sogar nur 214,55 EUR übrig!
Die Geldschöpfung der Zentralbank
Angesichts dieser Zahlen sollten wir den Themen Geldschöpfung und Geldmengensteuerung unsere volle Aufmerksamkeit widmen! Geldschöpfung beginnt bei der Zentralbank des entsprechenden Währungsraumes. Zentralbanken haben (im rechtlichen Sinne) die alleinige Geldschöpfungsmacht. Sie sind die einzigen Institutionen, die gesetzliches Zahlungsmittel, in Form von Fiatgeld (Papier-, Zentralbank- oder Münzgeld), herstellen dürften (siehe Definition Geld). Ein grundsätzliches Verständnis für die Entstehung von Geld ist in diesem Zusammenhang daher unabdingbar. Geld entsteht in unserem System ausschließlich durch mit Zins belasteter Kreditaufnahme. Das beginnt im ersten Schritt bei den Zentralbanken und wird durch die sogenannte Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken gehebelt. Deshalb spricht man von Zentralbanken auch häufig als Notenbanken. Wie bereits angedeutet haben nur sie das Recht Geldnoten in den Umlauf zu bringen.
Damit das Geld zu uns gelangen kann, fungieren die Geschäftsbanken als Katalysatoren und Multiplikatoren. Geschäftsbanken müssen sich dafür bei der Zentralbank finanzieren – sprich Kredite, gegen Zins, aufnehmen. Nur so können sie an “frisches” Geld kommen. Stand Juni 2016 liegt dieser Zinssatz, der sogenannte Leitzins, bei 0,00 Prozent in Europa und bei 0,25 – 0,5 Prozent in den USA. In Europa ist es Geschäftsbanken zum Nulltarif möglich Geld zu leihen und dieses gegen höheren Zins an Haushalte und Unternehmen weiterzugeben. Die aufgenommenen Schulden müssen (plus Zinsen) auch von Geschäftsbanken zurückgezahlt werden (warum dies im Gesamtsystem gar nicht möglich ist, beleuchten wir im Kapitel Zins & Zinseszins).
Die Währungsstabilität
Da nun die Zentralbank die Aufgabe der Wahrung der Währungsstabilität innehat, muss sie ständig bemüht sein, die Geldmenge dem Waren- und Dienstleistungsstrom (am Beispiel eines ausgewählten Warenkorbs etwa) der Realwirtschaft anzupassen. Wächst die Wirtschaft, müsste die Geldmenge entsprechend erhöht werden. Schrumpft sie, müsste eine Geldmengenverknappung der Zentralbank folgen. In der Realität geschieht jedoch das Gegenteil. Die Zentralbanken (und Geschäftsbanken) sind die Motoren des Wirtschaftswachstums, indem sie künstlich, oder auf Druck der Banken und Regierungen, Geld ins System pumpen.
Werden in der Folge zu viele Kredite vergeben, übersteigt die Geldmenge die Grenze, die für die Realwirtschaft vonnöten ist, um den Austausch von Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten. Zu viel Geld ist vorhanden. Dieses übrige Geld findet keine Entsprechung in der Realwirtschaft und wird deshalb in Finanzmärkten zur “Selbstvermehrung” eingesetzt. Die Wurzel des sogenannten Casino-Kapitalismus.
In der übermäßigen Geldschöpfung liegt also die zentrale Ursache für die Ausbildung von Spekulationsblasen!
Diese fiktiven “Märkte”, wo Computer mit anderen Computern in Hochgeschwindigkeit handeln, übersteigen Schätzungen zufolge zwischen 35 und 75 Mal das Weltsozialprodukt, also die weltweite Realwirtschaft. Nun versteht man auch, weshalb kleinste Unruhen auf den Finanzmärkten gewaltige Auswirkungen in der Wirklichkeit der Realwirtschaft haben.
Sind Zentralbanken demokratisch (legitimiert)?
Last but not least fehlt aus unserer Sicht auch eine Debatte über die fehlende demokratische Legitimation der Zentralbanken. Es ist schon lange kein Geheimnis mehr, dass sich z.B. die englische Zentralbank “Bank of England” oder auch die italienische Zentralbank (wenigstens zum großen Teil) in privater Hand befinden. In den USA ist das noch extremer, da die Zentralbank “Federal Reserve” (Fed), wider allgemeinem Sprachgebrauch, eben keine staatliche Notenbank ist – sondern ein Zusammenschluss privater Geschäftsbanken. Aber auch in den höheren Etagen der EZB könnte man Transparenz und Demokratie etwas mehr Bedeutung zumessen, denn es handelt sich nicht um ein demokratisch gewähltes Direktorium (Präsident, Vize-Präsident und 4 weitere Mitglieder). Das Direktorium wird lediglich vom Zentralbankrat (der wiederum aus den nicht gewählten Notenbank-Chefs der Mitgliedsländer besteht ) für 8 Jahre bestimmt.
Im Kapitel Geldschöpfung der Geschäftsbanken nehmen wir den Prozess der Kreditvergabe und damit der Schaffung von Giralguthaben durch die privaten Geschäftsbanken näher unter die Lupe.
weiter zu Inflation und Deflation
Unsere drei Buchempfehlungen zum Thema
H. Seiffert: Geldschöpfung / Die verborgene Macht der Banken*
C. Klein & J. Helbig: Tag auf Tag im Hamsterrad – Wie das … Geldsystem funktioniert*
M. Heynen: Der Raubzug der Banken: Von einem, der auszog, seine Ersparnisse…*
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Ich habe eine Frage:
Sie schreiben, wenn ich das richtig verstehe, dass Zentralbanken Geld ausschließlich über zinsbelatete Kredite an Geschäftsbanken in Umlauf bringen. Was kann ich mir dann darunter vorstellen, wenn Sie schreiben:
Wie “pumpen” da jetzt die Zentralbanken Geld in die Welt? Sind die Geschäftsbanken in einer gesetzlichen Pflicht, Kredite von der Zentralbank anzunehmen? Oder werden die Leitzinsen so weit gesenkt, bis die Geschftsbanken irgendwann von sich aus zugreifen? Wie sieht dieses “Pumpen” genau aus?
Ah, ich glaube ich verstehe: Die Geschäftsbanken haben ohnehin ständig Interesse, mehr Geld von den Zentralbanken zu bekommen, da sie dieses Geld als Grundlage hernehmen können, weiteres Giralgeld in Form von Kreditvergaben zu schöpfen. In sofern wäre “pumpen” irreführend. Sie geben eher einem Sog nach. Richtig?
Zwar hat die ZB die alleinige Befugnis Zentralbankgeld, also Bargeld, zu “produzieren” und damit die Geldmenge zu erhöhen. Die eigentliche Geldschöpfung findet jedoch durch die Geschäftsbanken statt. Geschäftsbanken sind keine Finanzintermediäre im klassischen Sinne, d.h. sie verleihen nicht einfach die Spareinlagen ihrer Kunden an Unternehmen in Form von Krediten weiter.
Banken können ohne eine einzige Spareinlage Kredite in fast uneingeschränktem Maße vergeben. Damit schaffen sie durch die Kreditvergabe Geld (Buchgeld) “aus dem Nichts”. Einzige Einschränkung ist dabei, dass die Banken einen gewissen Teil der Sichteinlagen (also das Buchgeld der Kunden auf den Koten der Bank) in Form von Zentralbankgeld/Bargeld hinterlegt ist. Es muss immer damit zu rechnen sein, dass ein Teil der Sparer oder der Kreditnehmer bestimmte Summen seiner Sichteinlagen in Bargeld eintauschen will (Geld abhebt am Automaten etc).
Dieses Bargeld leihen sich die Geschäftsbanken von der ZB im Austausch gegen Wertpapiere. Insgesamt ist allerdings die Geldschöpfung durch Produktion von Bargeld durch die ZB sehr viel geringer als die Geldschöpfung der Geschäftsbanken.
Ein kurzes Beispiel:
Geht die Geschäftsbank davon aus, dass nur 10% der Summe aller Sichteinlagen durch den Kunden in Bargeld eingelöst werden wird, muss sie für jeden Kredit den Sie vergibt also auch nur 10% der Kreditsumme durch ZB-Geld zu decken.
Verfügt die ZB also über Wertpapiere im Wert von 1000 € kann sie damit die 10-fache Summe an Kreditvolumen vergeben –> 10.000€. Während die Geldschöpfung der ZB in diesem Fall die 1000€ an Bargeldschöpfung beträgt, hat die Geschäftsbank durch die Kreditvergabe 9000€ an Buchgeld geschaffen.